Einleitung in das Thema
Spätestens seit Willibald Sauerländers erhellenden Bemerkungen zur identitätsstiftenden Rolle der Naumburger Stifterfiguren durch die vergangenen Jahrzehnte hindurch ist die Perspektive einer gesellschaftlichen, ja politischen Rolle nicht nur der öffentlichen Denkmäler, sondern auch der "freien" Kunst klarer geworden. Ein Seminar an der Universität Halle-Wittenberg schlägt daher einen Bogen von den Naumburger Stifterfiguren und ihrer politischen Benutzbarkeit über die propagandistische Wirkung von Lutherdenkmälern bis hin zu neuzeitlichen Kunst in der Öffentlichkeit. Anhand ausgewählter Beispiele bezieht es Position zur Frage, in wieweit Kunst ein "Spiegel der Heimat" sein will, kann oder gar muß ... . Ziel ist, damit auch das öffentliche Nachdenken über Kunst als Signifikante politischer Seinsbestimmung zu schärfen. Gleichzeitig rückt durch diese Herangehensweise die kunsthistorische Betrachtungsweise methodisch in den Brennpunkt des Interesses.
Konkrete Umsetzung
Die Studierenden haben sich über die Beschäftigung mit historischen Positionen hinaus auch mit der Situation der aktuellen Kunst in Sachsen-Anhalt befasst. Eigene Vorschläge für weitere Themen, für Veranstaltungen und Kurzexkursionen zu den entscheidenden Orten dieses Sachzusammenhangs kamen von den Studierenden. In der Regel bestand die Studienleistung aus einem Vortrag, der durch Thesenpapiere unterstützt wurde und in einer schriftlichen Ausarbeitung festgehalten wurde. Für die öffentliche Diskussion des Themas wurde eine Homepage angelegt. Sie faßt Thesenpapiere sowie Ergebnisse in kurzen Texten zusammen und stellt Abbildungen sowie eine Bibliografie und das Diaarchiv vor. In der hier abgedruckten Datei wurden die Themen und entsprechende Verweise als Hyperlinks angelegt, nicht nur, um eine schnellere Orientierung zu ermöglichen, sondern auch, um die Struktur des Seminars besser zu veranschaulichen.
Ergebnisse
An der Rezeption von Kunst anzusetzen, ist für Kunsthistoriker nach wie vor ungewohnt und das nicht nur in der Ausbildung. Bereits in der ersten Seminarsitzung war der Konflikt zwischen Objektorientierung und dem Seminaransatz greifbar: "Die Kunst meiner Heimat besser kennenzulernen", forderten Seminarteilnehmer in wünschenswerter Deutlichkeit als vorrangiges Ziel. Daß dieser berechtigte und vor allem für Kunsthistoriker existentiell wichtige Wunsch seinerseits bereits auch ein Problem beherbergt, wurde im Laufe des Seminars klarer. Bei aller Notwendigkeit, auch am Detail Kenntnisse auszubilden, ist eine Wachheit gegenüber der Benutzbarkeit solchen Tuns angebracht. Nicht nur das Paradebeispiel der Naumburger Stifterfiguren, sondern auch die gegenwärtig geführte Diskussion um die Rolle öffentlicher Denkmäler zeigt die politisch bedenkliche Brisanz eines auf das Expertentums zurückgezogenen Rollenverständnisses. Die Bechäftigung mit der touristisch erfolgreichen "Straße der Romanik" zeigte dagegen, daß kunsthistorische Forschungsanliegen und gesellschaftliche Verantwortung sich geradezu gegenseitig bedingen.
Übersicht über Themen und Verlauf des Seminars
Einführung in die Fragestellung, Vorstellen des Kunstprojekts Sachsen-Anhalt
29.4.98, Johannes Stahl
Uta und andere. Die Naumburger Stifterfiguren und ihre Benutzung. 6.5.98, Johannes Stahl
Joachim Triebsch: Fassadenbilder(Halle, Große Klausstraße; nt), 3.5.98
Bebernis/Fliegel/Lichtenfeld: Fahnenmonument (Halle, Hansaring), Monument der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung (Halle, Thälmannplatz), 20.5.98
"Räumen 2": Exkursion zu einer Ausstellung raumbezogener Kunst in Halle, 27.5.98, Johannes Stahl, Coco Kühn
Besuch der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein Halle,
3.6.98
Straße der Romanik eine Exkursion ins Wirtschaftsministerium Magdeburg, 17.6.98, Fragen an Dr. Christian Antz
"mittendrin Sachsen-Anhalt in der Geschichte" Exkursion zur Ausstellung in Dessau-Vockerode, 19.6.98, Fragebogen: J. Stahl
Kyffhäuserdenkmal, 24.6.98, Ina Walther
Völkerschlachtdenkmal, 24.6.98, Sabine Kramer
Werner Tübke: Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausen, 1.7.98, Ricarda Paeschel
Lyonel Feininger in Halle und das Prinzip des "artist in residence",
8.7.98, Dirk Heine: Fragen an Jan Winkelmann, Kurator der Galerie für zeitgenössische Kunst Leipzig
Gibt es das: die Landeskunst? 10.98, Johannes Stahl
Martin Luther als mediengeschichtliches Phänomen
Zum Seitenanfang