sowie der Übersetzung des Neuen Testaments das Nachdenken über religiöse Grundlagen demokratisierte. Gilt das auch für seinen Umgang mit Bildern?
Der Mythos um Luther verleitet (auch heute noch gern) zum Personenkult und dazu, allzuviele Entwicklungen dieser bewegten Zeit an einer Person festzumachen. Gibt es Ideologen seiner Zeit, die als Paralelle zu den oben angefragten Eigenschaften Luthers gelten können und sei es als Gegner?
Wenn man bedenkt, daß alle Bildnisse des Mannes lediglich eine persönlichen Arbeitstechniken unterworfene Sichtweise wiedergeben, die oft genug auch noch ideologisch bestimmt ist: Welchen Rang hat seine Totenmaske für die Mediendiskussion? Diese Totenmaske ist oft abgegossen und damit reproduziert worden - und hat anschließend einen gewichtigen Part in der Vermittlung des Luthertums gespielt. Entsteht eine Art Reliquie? Wie steht sie medientheoretisch da bedenkt man insbesondere den Druck, den Luthers Landesherr ausübte, um mit den zuverlässigsten damals zu Gebote stehenden Beweismitteln (penibles Chronistenprotokoll, unmittelbar nach dem Tode genommene Wachsmaske) den Nachweis zu führen, daß Luthers Seele eben nicht als Ketzerseele vom Teufel geholt worden war, wie es Luthers Gegner propagierten?
Neben der Totenmaske ist als besonders auratisches Relikt Luthers immer wieder sein Tintenklecks an der Wand der Eisenacher Wartburg wahrgenommen worden. Auch diese Reliquie der Geistestat birgt mediengeschichtlichen Treibstoff: Ist der Wurf mit dem Tintenfaß nach dem ihm erschienenen Teufel als Medienmythos erfunden worden der Prediger, Bibelübersetzer und Sprachschöpfer wehrt sich gegen ein (virtuelles) Bild ?
Thesenpapier, J. Stahl, 25.6.98
- Wittmann, Philipp: Martin Luther und die Bilder im liturgischen Raum. unveröffentlichte theol. Abschlußarbeit, Universität Bonn 1994
- Luther, Martin: Sendbrief vom Dolmetschen (1530) zit. n. ders.: An den Christichen Adel deutscher Nationen u.a., Stuttgart 1962, S.162.
- So zum Beispiel zur Weihe der Schloßkirche in Torgau, wo er die Gemeinde auffordert, gemeinsam mit ihm das Weihrauchfaß zu schwingen. Es sollte jedoch nicht verschwiegen werden, daß er diese äußerst provokant klingenden Demokatisierungsanklänge zum Beschluß seiner Predigt zum Symbol wendet: das Weihrauchfaß ist das Gemeidegebet. ML.: in: