Kunst ___ Sachsen-Anhalt

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Naumburger Stifterfiguren als Modellfall kunsthistorischer Arbeit

Naumburger StifterfigurDie Naumburger Stifterfiguren eignen sich für diese Betrachtung besonders, da die Forschung gerade in diesen Objekten methodisch sehr unterschiedlich ausgerichtet ist.

Ernst Schubert (Domdechant in Naumburg) verfolgt als langjährig spezialisierter Naumburg-Forscher insbesondere das Ziel, den neuesten Forschungsstand zu diesen zentralen Objekten der Kunstgeschichte zusammenzufassen und die verschiedenen Thesen zu diskutieren. Er kann sich auf eigene, sehr profunde Beobachtungen und Untersuchungen stützen, z.B. die Bohrlöcher, die über den Skulpturen zu sehen sind. Im Vergleich der Skulpturen mit anderen Vergleichsbeispielen (z.B. nordfranzösische Kathedralplastik, Mainzer Dom, Merseburger Dom) kommt er zu Thesen über den zeitlichen Ablauf und die kunsthistorische Einordnung. Mit gehöriger Skepsis bezieht er insbesondere die spärlichen literarischen Quellen mit ein, um genauere Hintergründe über Auftraggeber (die historischen Stifter) und Entstehungsgeschichte zu erschließen. Insbesondere zieht er vorsichtig interpretierende Schlüsse aus der architektonischen Einbindung der Skulpturen in die Architektur.

Zielrichtung von Schuberts Forschungen ist - neben dem Erkenntnisgewinn in kunsthistorischem Bereich - eine Versachlichung der Interpretation.

Wolfgang Ullrich (künstlerischer Assistent der Kunstakademie München) beschäftigt sich mit der Wirkungsgeschichte insbesondere einer Stifterfigur: der Uta. Seine Studie läßt den aktuellen Forschungsstand weitgehend unberücksichtigt, trägt im bislang aber noch nirgends systematisch erfaßten Bereich der Uta-Rezeption eine Vielzahl unberücksichtigter Quellen zusammen. (Auch wer diese Figuren nicht als etwas Besonderes rezipiert (Novalis, Goethe), gehört in diesen Zusammenhang.) Aus den Reaktionen auf die Uta-Skulptur zieht er den Schluß auf uneingestandene Leit- und Wunschbilder: den griechischen Artemis- (unnahbar-scheue Göttin) und den christlichen Madonnenkult (hingebungsvolle Mutter). Ullrichs Hauptaugenmerk liegt auf der Uta-Rezeption des dritten Reichs. Hier kann er zahlreiche Absurditäten des Systems, aber auch überzeitliche Gefahren der einfühlenden Kunstbetrachtung herausstellen. Dabei untersucht er nicht nur triviale Quellen, sondern auch kunsthistorische Umgangsweisen auf ihre Anfälligkeit für politischen Mißbrauch. Leider wird die Studie im Bereich zeitgenössischer Rezeption etwas arm an Quellen und scheint damit mehr auf eine historische Aufarbeitung des dritten Reichs zu zielen als auf eine Anwendung heute.

Für den Zusammenhang mit dem Projekt Kunst ____ Sachsen-Anhalt bietet sich eine Synthese beider Ansätze an. Ohne eine systematische und gründliche Quellenforschung lassen sich Kunstwerke kaum sinnvoll darstellen, der spezielle Ansatz des Projekts möchte aber insbesondere die jüngste Rezeptionsgeschichte mitberücksichtigt wissen, da sich durch diesen Ansatz der Drang zur Selbstdefinition des Landes am ehesten objektivieren läßt.

Thesenpapier, J. Stahl, 5.5.98

Schubert, Ernst: der Dom zu Naumburg. Halle 1997.
In diesem Zusammenhang auch: Sciurie, Helga und Möbius, Friedrich: Der Naumburger Westchor. Worms 1989.
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Ullrich, Wolfgang: Uta von Naumburg. Eine deutsche Ikone. Berlin 1998.
Fußt auf: Sauerländer, Willibald: Die Naumburger Stifterfiguren. Rückblick und Fragen.
In: Die Staufer. Katalog München 1979, Bd. V.
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