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Haus-Rucker-Co: Der Name verweist auf den Hausruck, einen Berg in der oberösterreichischen Heimat des Architektenteams, gleichzeitig ist auch die Assoziation zur Tätigkeit des "Häuser-Verrückens" beabsichtigt. Die Arbeits- und "Künstlergemeinschaft" aus den beiden Architekten Laurids Ortner und Günther Zamp Kelp und den Kunsterziehern Manfred Ortner und Klaus Pinter wurde 1967 in Wien gegründet, zog bald mit zwei Büros nach Düsseldorf und New York und löste sich schließlich 1987 auf.[+] Neben ihren typischen, zumeist bewußt unrealisierbaren utopischen Architekturzeichnungen sind Haus-Rucker-Co in Deutschland insbesondere bekannt geworden durch Arbeiten für die documenta 1972 (Oase Nr. 7) und 1977 (Rahmenbau), in denen zwei wichtige Richtungen ihrer Arbeit repräsentiert sind.
Bei der "Oase" handelt es sich um einen großen transparenten Ballon, der so aus einem Fenster des Fridericianums herausgeschoben war, daß er auf einer kleinen Plattform (mit künstlicher Palme) von innen betreten werden konnte; er ist noch typisch für die frühe Phase von Haus-Rucker-Co im Geist der wilden Wiener Szene der Sechziger Jahre, bei der es insbesondere um spielerische Bewußtseinserweiterung ("mind-expanding-program") und die generelle Aktivierung der Erlebnisfähigkeit für Utopien geht.[+]
Der "Rahmenbau" ist eine offene Metallkonstruktion, die ein doppelt gerahmtes Fenster zum Ausblick auf die Landschaft abgrenzt, in das man wiederum auf einer Kanzel heraustreten kann, die aber nur provisorisch-temporär angedeutet und aus handelsüblichen Industrie-Fertigteilen zusammengesetzt ist.[+] Er gehört zu einer Gruppe begehbarer skulpturaler Arbeiten wie etwa dem "linearen Haus" in Darmstadt oder dem "Palast der Elemente" vor dem Bundesministerium für Wissenschaft u. Forschung in Bonn.[+] Gemeinsam ist ihnen die Verwendung architektonischer Einzelelemente aus banal-anonymen Rohmaterialien (etwa Stahlrohre als angedeutete Säulen, Gitterstrukturen, Wellblechdächer oder Naßraumwände), die aus dem Zusammenhang gerissen und neu gruppiert werden, so daß das entstehende rudimentäre "Gebäude" vom Betrachter selber zusammengesetzt werden muß. Man fühlt sich entfernt erinnert an Dekonstruktivismus und Postmoderne, doch vermeiden Haus-Rucker-Co in diesen Arbeiten ganz das Spektakuläre und Oberflächenfixierte dieser Strömungen.
Dem Bonner Kunstverein waren Haus-Rucker-Co bereits von einer Ausstellung bekannt, die der Verein auf Initiative von Margarethe Jochimsen im Jahr 1975 durchgeführt hatte.[+] Der Ursprung der späteren Berufung für den Umbau ist sicher in dieser Ausstellung zu suchen. "Echte", konventionell benutzbare Architektur hatten Haus-Rucker-Co, als dieser Auftrag sich 1984 abzeichnete, einer Fülle von Wettbewerbsbeiträgen zum Trotz nur in geringem Umfang realisiert: im wesentlichen eine temporäre Ausstellungs"hülle" aus leichtem Tragwerk in Linz sowie den Neubau einer Filiale der "Oberbank" in Wels und eines vergleichsweise konventionellen Wohnhauses in einer Baulücke in Düsseldorf. Bekannt waren sie stattdessen für Realisierungen aus den Randbereichen der Architektur, wie Platzgestaltungen, Fassadenverkleidungen und Ladenumbauten, und für demonstrativ unausführbare, schräge, bunte und sich der üblichen Nutzbarkeit herausfordernd entziehende Projektentwürfe.