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6 Resümee

Die Achtziger Jahre waren die Blütezeit des - zumeist postmodernen - Museumsneubaus in Deutschland. Gegen die bekannten Paradebeispiele wie Holleins Mönchengladbacher "Museum Abteiberg", sein Frankfurter "Museum für Moderne Kunst" und Stirlings Stuttgarter "Neue Staatsgalerie", die sich gegenüber den ausgestellten Kunstwerken zunehmend in den Vordergrund spielten und das Flächenverhältnis von Eingangs-, Erfrischungs- und Erlebnisbereich zu Ausstellungsräumen zugunsten ersterer umzukehren drohten, haben Haus-Rucker-Co mit dem Bonner Kunstverein einen demonstrativ unaufwendigen Bau gesetzt, der vielerorts als eines der glücklichsten und brauchbarsten Ausstellungshäuser für moderne Kunst in Deutschland gilt. Zwar kann man die ursprüngliche Blumenhalle nicht direkt zur anonymen Architektur zählen, aber der Kunstverein gehört doch in eine Gruppe von (Ausstellungs-)Bauten, die in überwiegend "autorloser" Nutzarchitektur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eingerichtet worden sind und in ihrer Klarheit fast jeden Neubau deklassieren, gerade weil sie ursprünglich ohne den Anspruch errichtet wurden, zu beeindrucken oder selbst Kunstwerk zu sein. Ein unmittelbares Vorbild für den Bonner Kunstverein stellten dabei die kurz zuvor in Schaffhausen eingerichteten "Hallen für neue Kunst" dar, in denen in einem alten Stahlbetonskelett-Fabrikgebäude aus der Zeit um etwa 1900 optimale Ausstellungsmöglichkeiten gezielt für die schwer zu präsentierende raumgreifende Kunst der Sechziger Jahre geschaffen werden sollten.

Haus-Rucker-Co verwenden durchgehend einfache Industrieprodukte, Standardteile ohne Anspruch auf wertvolles Material oder besondere Schönheit: gewöhnliche Fabriktürflügel, glatten Linoleumboden, an der Decke montierte Fabrikheizungen, gewelltes Plexiglas über den Eingängen, sichtbare schwere Halteschrauben, die über die Trennwände herausragen und in unverkleideten Blechprofilen münden. Das oberste Ziel ist die möglichst ungestörte, neutrale weiße Wandfläche[+], deren Tiefenausdehnung dabei an Durchgängen und den horizontalen Zwischenräumen der Wandpaneele sichtbar bleibt. Die eingebauten Trennwände ermöglichen für die Ausstellungssituation, auch ausgesprochen unterschiedlichen Werken eigene geschützte Kojen und Flächen zuzuteilen, die aber so offen bleiben, daß immer wieder Blickbeziehungen und Querverbindungen über die Hallenmitte hinweg vermitteln. Wichtige zusätzliche Korrespondenzen bestehen beispielsweise zwischen den beiden prominenten Wänden zu Seiten der Mittelzone oder auf der langen Blickachse vom Eingang bis zur Rückwand.

Die Einzelheiten der technischen Ausführung sind dabei nicht nur einfach, sondern oft nachgerade krude: insbesondere die Details und Anschlüsse, ansonsten die Stellen, an denen man normalerweise die Qualität eines Architekten zu prüfen pflegt, sind im Interesse einer raschen und bezahlbaren Bauabwicklung teilweise grausam zusammengefrickelt.[+] Die Vorzüge der Halle liegen in anderen Dingen, in der beispielhaften Anpassungsfähigkeit an unterschiedlichste künstlerische Vorgehensweisen etwa und der Tatsache, daß der angedeutete, immer nur dünn neu übertünchte Schmuddeltouch nie den Charakter eines glanzvollen Kunsttempels aufkommen läßt, sondern vielmehr den eines Arbeits- und Experimentierfeldes, das auf die Erfahrung der Kunstwerke zurückwirkt. Dieses Provisorische, Zufällige, auch Gebastelte entspricht durchaus der Intention des Architektenteams, wie ein Zitat aus einer programmatischen Publikation mit dem Titel "Provisorische Architektur" von Haus-Rucker-Co aus dem Jahr 1976 belegt, und macht für sie gerade eine besondere Qualität ihrer Projekte aus:

Provisorische Architektur ist aggressiv.
Provisorien erheben keinen Anspruch auf Perfektion, hier sitzen die Götter nicht im Detail, sondern in der Konzeption.
Provisorische Architektur simuliert mögliche Veränderungen.
Sie ist wegräumbar.
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Urs M. Lambertz (users)
Fri Jun 6 20:55:41 MET DST 1997