oder
Eine
typische Erfahrung von auf dem Lande Lebenden: egal, wie interessant
das neue kulturelle Angebot ist, das man gerade gemacht hat – es
dauert länger als in Städten, bis jemand kommt, der eigens dafür
angereist ist. Durch Zufall wird es ohnehin kaum entdeckt. Und um es
gleich vorweg zu schicken: der Autor dieser Zeilen war nicht überall,
auch nicht in Heinde. Vom Projekt „Die Kraft der Provinz“ (wie
dieses unverwirklichte und unterschwellig weiterlaufende Vorhaben vor
20 Jahren intern getauft wurde) ist das Übliche geblieben: Listen,
Fotos, Ideen. Daher folgt hier ein Blick in den Zettelkasten,
alphabetisch, wie solche Karteien eben sind.
Amorbach
In ungewohnt privater Sichtweise geht ein kleiner Text des Philosophen Theodor W. Adorno seinen Wurzeln in der unterfränkischen Kleinstadt Amorbach nach. Wie anhaltend viele der Eindrücke sein Denken und seine Anschauungswelten dort prägten waren, notiert nicht nur der Schriftsteller. Auch zahlreiche sekundäre Quellen gehen diesem speziellen Bekenntnis des Philosophen und seiner ernst und geradezu liebevoll ins Ich gewendete ästhetischen Erinnerung nach1.
Bildhauersymposien liegt die Erkenntnis zugrunde, das Überflüssige am Stein dort abzuklopfen, wo er herkommt: im Steinbruch oder zumindest in vertretbarer Nähe hierzu. Mit der Idee des Pleinair teilt diese Form künstlerischer Produktion auch die Vorliebe eher naturnaher und gerade nicht zentraler Orte. Umso interessanter erscheint ein Umstand, der mehr als als nur eine Randnotiz in der Geschichte der Bildhauersymposien ist.
Das erste solche Treffen in Deutschland (nach dem legendären ersten Symposium 1959 im österreichischen St. Margarethen) fand in einem Steinbruch bei Kirchheim in der Nähe von Würzburg statt. Unter dem Eindruck der gerade entstehenden Berliner Mauer zog es 1961 nach Berlin um2. In der Nähe von Reichstag und Brandenburger Tor hinterließ es eine Vielzahl von Skulpturen, die lange von der Anwesenheit dieses Symposiums kündeten – ohne dass eine ganz konkrete politische Botschaft die Lesart der einzelnen Arbeiten als Motto dominieren würde. Und vielleicht spricht es für die inhaltliche und formale Robustheit der Arbeiten, dass sie diesen Wechsel von einem denkbar entlegenen Ort zu einem Fokus des Weltinteresses überstanden.
Cineasten
Wim Wenders Film „Im Lauf der Zeit“ (1976) verschränkt das Schicksal zweier eher unschlüssiger Protagonisten, deren Beschäftigung in der Reparatur von Kino-Vorführgeräten besteht, mit dem Schicksal der kleinen Kinos entlang der innerdeutschen Grenze. So eigenwillig auch die mitunter exotischen cineastischen Tempel am damaligen Rand der BRD sind, sie scheinen dem Untergang geweiht. Die beziehungsarme Skepsis, die Wenders' Figuren und seinen ausgeräumten Landschaftsbildern zu eigen ist, macht auch vor der Zukunft dieses zentralen ländlichen Kulturträgers Kino nicht halt.
Dialekt
"Jede Provinz liebt ihren Dialekt: denn er ist doch eigentlich das Element, in welchem die Seele ihren Atem schöpft".3 Der Autor dieses Aphorismus hatte nicht wenig mit seinem eigenen Dialekt und der damit verbundenen Ausdrucksweise zu leiden. Im vergleichsweise gesitteten Leipzig kam der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe nur schwer zurecht, weil insbesondere die sächsisch-höfische „Meißner Mundart“, die man vom ihm einforderte, dem jungen Studenten weder von den Lippen wollte noch wirklich seiner Denk- und Ausdrucksweise entsprach und so ausgesprochene Entfremdungsängste hervorrief4.
Entwicklungspotentiale
Ein Strukturentwicklungsplan einer kleinen städtischen Verwaltung im bergischen Land sah die Gründung eines Kunstvereins vor. Obwohl das traditionell ein Akt privater bürgerlicher Initiative ist, sahen die weitsichtigen Kommunalpolitiker wichtige Möglichkeiten, wenn sie diese schlummernde Muse behutsam wecken würden. Heute gibt es ihn, und die Kommune überdenkt, ob und wie sie sich aus der Förderung zurück ziehen kann.
Freiräume
Horaz
lobte elegisch die nicht nur materielle und auch schöpferische Ruhe,
die ihm ein vom Kaiser verliehenes Gütchen brachte. Die Reihe der
Künstler ist lang, welche gerade abseits der Zentren und auf dem
Land ihre Kunst entwickelten. John Constable arbeitete des Winters im
städtischen Atelier die im Sommer auf dem Land erarbeiteten Skizzen
zu Bildern aus. Radikaler waren die Künstlerkolonien in Barbizon,
Worpswede oder anderenorts, welche die Stadt eher als Vermarktungsort
für Geld- und Aufmerksamkeitsökonomien nutzten.
Auf
den Kontrast zwischen solchen Fund- und Produktionsorten und dem
anschließenden Transfer in metropolitäre Ausstellungsbedingungen
sind Arbeiten von Wolfgang Laib oder Nikolaus Lang angewiesen.
Während die fragilen gesammelten Blütenstaubarbeiten Laibs aus dem
Liebesverzicht der Pflanzen ein kulturelles Objekt in für Pflanzen
unwirtlichen Umgebungen des Ausstellungsraums machen, überträgt die
Spurensuche Langs das spezialisierte formale Interesse des Künstlers
in die biologischen Gefilde. Wenn die Fraßspuren der Borkenkäfer
Druckstöcke erzeugen, verschiebt sich auch die Optik zwischen
Zentrum und Peripherie.
Individuelle Werk- und Lebensentwürfe wie die von herman de vries oder Olaf Wegewitz ziehen sich nicht nur wegen der äußeren Produktionsbedingungen aufs Land im Steigerwal oder dem Bergzug Huy bei Halberstadt zurück: sie formulieren eine Kunst aus, die bevorzugt an solchen Orten entstehen kann und sehr genau diesen Ursprungsort zum Thema macht. Transportabel sind dann eher Abbilder oder kleine Elemente dieser großen Natur vor Ort. Im Falle von Olaf Wegewitz hat dieses Vor-Ort-Prinzip eine eigene Konsequenz: sein Konzept der „Künstlermuseen“5 sieht die Nutzung leer stehender ländlicher Gebäude durch Künstler vor. Und anders als die immer wieder stattfindenden expeditionsartig stattfindenden Kunstaktionen auf dem Land6 steht hier die Idee einer zeitlichen Verstetigung im Vordergrund. Vielleicht verträgt der ländliche Rahmen auch nicht allzu viele Wanderzirkusse.
Gorleben
Eine
persönliche Miszelle aus dem Kunstgeschichtestudium im Marburg der
frühen 1980er Jahre: ein Seminar zur Landschaft wollte –
historisch argumentierend – die Rolle der allmählichen Entfernung
von der Landschaft durch ein immer stärker industrialisiertes
Bewusstsein thematisieren. Die Zielrichtung dabei war, die
Hintergründe der politischen Auseinandersetzung um das atomare
Endlager und das damals noch existierende Widerstandsdorf bei
Gorleben historisch-kritisch zu beleuchten. Leider kam es dazu nicht:
die Studierenden bestreikten das Seminar, wegen eines ganzen Bündels
studentenpolitischer Gründe. Unter anderem deswegen, weil im Studium
generell und der Studierendenvertetung im Besonderen
allgemeinpolitische Betätigungen verboten werden sollten.
Gorleben ist immer noch überall.
Heimatkunde
Es
ist auch als ein pädagogisches Entwicklungsmodell lesbar: aus dem
neunzehnten Jahrhundert stammend, wurde das Schulfach Heimatkunde in
der Weimarer Republik zu einem festen Bestandteil der
Grundschulbildung. Dabei bestand der Unterricht zunächst eher im
Kennenlernen der näheren Umgebung. Erst mit dem Fach Erdkunde (ab
dem 5. Schuljahr) häuften sich für Schüler die analytischen
Ansätze. Konsequent weiter gedacht könnte das zu einer
Weltanschauung führen, die zunächst einmal den eigenen Horizont als
das Normalmaß ansetzt, mit dem alles andere bewertet wird – mit
entsprechenden Ängsten vor dem Fremden und einer daraus
resultierenden Ablehnung.
Natürlich
wurde ebenfalls moniert, wie mit dem erlebnisorientierten Ansatz der
Heimatkunde ideologische Inhalte transportiert werden können. Seit
den 1960er Jahren wurde der Begriff zunehmend durch „Sachunterricht“
ersetzt. Die unterschwellige ideologische Beeinflussung ist dabei
jedoch keineswegs als Diskussionsthema aus der Welt.
Interaktion
Dass die zwischenmenschliche Kommunikation auf dem Land anders verläuft als in der Stadt, weiß man ja: Jeder weiß fast alles über jeden, und aus der stärkeren Vertrautheit mit den Lebensumständen der anderen sind gemeinsame Ausgangspunkte für Gespräche oder Aktionen immer vorhanden, wenn auch manchmal nicht zahlreich. Von man solchen Überlegungen ausgeht, ist es nur zu nahe liegend, wenn Nicole Peters sich mindestens fünf Jahre Zeit ließ, bis sie ihre inzwischen gewachsenen Kontakte zu den einigen Hundert Dorfbewohnern der kleinen Ortschaft Frücht mit einem konzeptuellen Kunstprojekt belastete. Weil sich hier die Gruft des durch seine sozialen Reformen hervorgetretenen preußischen Kanzlers Freiherrn Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein befindet, stellte sie den Bewohnern die Frage, was denn sie jeweils an Reformen vorzuweisen hätten. Neben den Porträts der Befragten mit dem Ortsschild, die sie fotografierte, ergab sich ein höchst kontroverses Spektrum an Antworten. Es reichte von veritablen Erfindungen über ökologische Neukonzeptionen der Landwirtschaft bis zur mehrfachen Antwort von Feuerwehrleuten, man befolge Anweisungen und übe das immer wieder. Das Experiment mit der Interaktion war – wie ein kollektives Porträt des Orts - einige Zeit an einem Scheunentor anzusehen und nachzulesen. Es zeigte auch, wie weit ein solches kulturelles Wagnis ohne große Kenntnisse konzeptueller Kunst tragen kann: nämlich gerade so weit, wie die Mitspieler der Aktion selbst in ihrem Leben offen für Experimente sind. Wahrscheinlich hat neben der Vertrautheit mit einer langjährigen Mitbewohnerin und dem offiziellen Rahmen des Freiherr vom Stein-Jahrs auch zum Gelingen beigetragen, dass man von der Künstlerin auch eine konventionellere Seite aus ihren Malprojekten mit Kindern kannte.
Jajajaja nenenene
Gleichlautende Zeile eines Zwischentextes in einem Kölner Karnevalsschlager und einer eher konzeptuellen Schallplatte von Joseph Beuys. Wahrscheinlich Zufall.
Kunstlandschaften
"Wer
einmal von Todi aus die Hügelkette Umbriens überschaut hat, dem
wird es nicht als Zufall erscheinen, daß der ideale Zentralbau der
Hochrenaissance, den so viele Maler in ihren Bildarchitekturen
erträumt haben, gerade hier in Umbrien einmal gebaute Wirklichkeit
geworden ist."7
Die
Idee der Kulturlandschaften hat immer wieder und aus den
verschiedensten Gründen Überlegungen ausgelöst. Seinen eigenen aus
dem Erleben der Landschaft heraus argumentierenden Ansatz versuchte
er zu mehr Wissenschaftlichkeit verhelfen. Nicht ohne Pathos benennt
er als Faktoren „den ethnischen Charakter der Bewohner der
einzelnen Regionen“, den „Einfluß der geographischen Gliederung
der Landschaft auf die Kunst“ und „die formende Hand der
Geschichte“. 8
Sein Ansatz sieht jede Landschaft über ihr urbanes Zentrum bestimmt:
"Nur Kunstzentren, die den langen Atem für eine schöpferische
Entwicklung durch die Jahrhunderte hin hatten, ergeben geeignete
Objekte für unsere Untersuchung, denn nur wenn wir da gleiche
künstlerische Verhalten in Romanik und Barock, in Gotik oder
Renaissance nachweisen können, dürfen wir sicher sein, lokale
Eigentümlichkeiten festgestellt zu haben."9
Immerhin
ist es mutig, so etwas zu schreiben - konnte man 1960 ja noch viel
eher an allerhand Schindluder denken, der mit nationalen oder
regionalen Begriffen getrieben worden war - obwohl Keller in Italien
den Schmelztiegeleffekt des Imperium Romanum gegenüber der eher von
Stämmen geprägten Struktur in Deutschland betont.
Die
dezentrale Struktur, die durch die Einteilung in Bezirke 1861 noch
verstärkt wurde, gibt auch in der politischen Landschaft von
Nachkriegsdeutschland das Modell ab, das letztlich auch das erste
große gemeinsame Ausstellungsvorhaben der deutschen Kunstvereine
1984 bestimmte. „Kunstlandschaft BRD“ hieß das Projekt, welches
Künstler aus einzelnen Regionen in jeweils einem regional anderen
Kunstverein zeigte. Ein Austausch, wie er seit dem 19. Jahrhundert
das Kunstvereinswesen prägte10,
bekam hier seine kuratorische Form. Letztlich machte das groß
angelegte Projekt vor allem klar, wie wesentlich überall der Anteil
der Kunstvereine am kulturellen Leben ist - bei aller
Unterschiedlichkeit der einzelnen Vereine11.
Immerhin
hatte das bereits lange vor Keller oder der AdKV kein Geringerer als
Heinrich Wölfflin bereits skeptisch gesehen: „Das Gewächs der
Kunst mit dem Boden von Person und Volk in Zusammenhang zu bringen,
auf dem es groß geworden ist, ist gewiß ein vortrefflicher
Grundsatz, aber die Pflanze nach ihrem inneren Bau und Lebensgesetz
ist damit doch noch nicht erklärt."12
L
Es ist nicht weit bis Lüdenscheid. (Werbung für die Internationale Kunststoffhausstellung ebenda 1971; Hinweis auf www.luedenscheid.de, 2009; „Weit weit weit ist es nach Lüdenscheid“, Schlager der 1970er Jahre von Johnny Hill.
Metropole
Metropolen
sind pulsierende Umschlagplätze. Sie saugen alles Wichtige an,
verdichten es und bringen es anschließend wieder nach draußen.
Metropolen und Metropölchen haben das Recht, Münzen zu prägen -
und damit auch ein Wertgefüge festzulegen, das als Machtmittel
nutzbar ist. Ein solcher kultureller Zentralismus schafft Strukturen
und Hierarchien. Die Metropole liegt herzartig in der Mitte eines
Organismus und vereint in sich die Macht aller Art: die Konzentration
von Menschen, Material, Infrastruktur, Information und Diskussion
hebt das Zentrum ab von allem, was es umgibt. Die realen Grenzen zur
Provinz sind - so klar der Gegensatz auch theoretisch bestimmt wird
– fließend. Sie liegen irgendwo zwischen der Lösung, die Victor
Hugo vorgibt, als wenn er die Provinz unmittelbar an den Stadtgrenzen
von Paris beginnen lässt und Rat jenes allzu populären Menschen,
erst dort Urlaub zu machen, wo man ihn nicht mehr auf Anhieb erkennt.
Die
Museumslandschaft in Frankreich oder Bayern geben Beispiele: in
München oder Paris ist alles das vertreten, was es auszugsweise in
den - oft auch so genannten - Filialmuseen der kleineren Städte oder
den Provinzialmuseen ebenfalls gibt. Längst ist die Struktur des
Guggenheim-Imperiums anderenorts kopiert worden: der Louvre oder die
art Basel haben erfolgreich gekalbt. Bezeichnend ist auch die
Benennung des Berliner Straßennetzes: Ohne dass notwendigerweise
diese Straßen die Richtung vorgeben wie bei der Potsdamer oder
Frankfurter Allee, werden in Berlin außergewöhnlich viele deutsche
Städtenamen zu Straßennamen. Ähnlich verhält es sich mit Paris,
London oder Brüssel: Die Metropole enthält – übertragen
gesprochen – das Abbild aller umgebenden Provinzen.
Kulturschaffenden
von Sappho bis Soltchenizyn hat es immer zugesetzt, aus der Metropole
und in die Provinz verbannt zu sein: vieles fehlt, von avancierter
Technik bis zum Auswahlkriterium, was denn jetzt wichtig ist. Noch
schlimmer jedoch ist die Sehnsucht nach den besseren Möglichkeiten
anderenorts: Moskau und der Zar sind weit - aber immer ein wenig
spürbar. Was Kultur ist oder sein kann, davon hat man auch in der
Provinz eine Ahnung – egal ob aus eigener Anschauung, ein medial
verunklärtes Abbild der Metropolenkultur (Elbflorenz und Elbvenedig)
oder eine Rückstandskultur, die in der Metropole so nicht mehr
existiert oder nie existiert hat.
Neuenkirchen-Soltau
1974 ins Leben gerufen, hat der Kunstverein Springhornhof in Neuenkirchen bei Soltau ein spezifisches Profil entwickelt, das eng an der ländlichen und naturnahen Existenzweise anknüpfte. Dabei fusionierte das von der Galeristin Ruth Falazik betreute Ausstellungswesen drei klassische Präsentationsformen: die Ausstellung, das Land-Art-Projekt und das Symposium13. Die weit ins ländliche Gebiet ausgreifenden Projekte und Interventionen ergaben zusammen ein großmaschiges Ausstellungsareal und thematisierten vor allem Natur. Langfristig angelegt, waren sie mitunter entsprechenden Verfallsprozessen ausgesetzt.
Others
So heißen im Kunstadressbuch art diary alle diejenigen Orte, die sich nicht unter die erklärten Zentren einordnen lassen.
Provinz
Was
"Provinz" ist, scheint im Gegensatz zum Wortsinn
(pro-vincium = umgeben) wenig klar umrissen, meist nur durch die
Abwesenheit metropolitärer Tugenden geprägt. Der Duden erklärt in
wünschenswerter Offenheit: „Provinz (...) Gegend, in der (mit
großstädt. Maßstab gemessen) in kultureller, gesellschaftlicher
Hinsicht, für das Vergnügungsleben o.ä. nur sehr wenig od. nichts
geboten wird."14
Der
Begriff Provinz selbst kommt aus der römischen Verwaltung und
bezeichnet zunächst alle außeritalienischen Gebiete des römischen
Weltreichs. In der deutschen Sprache taucht er früh auf, bekommt
aber erst im 19. Jahrhundert eine abschätzige Zusatzbedeutung.15
Vielleicht ist es kein Zufall, dass dieser Bedeutungswandel zur
gleichen Zeit einsetzt, in der das Wort "Metropole"
eingedeutscht und auf die zahlreich wachsenden Industriestädte
gemünzt wird.16
Der
Provinzler gilt als "Provinzbewohner, (kulturell) rückständiger
Mensch"17
und „provinziell, u.a. hinterwäldlerisch, (in seinen Ansichten)
beschränkt“ 18.
Allerdings muss man zunächst einmal klare Vorstellungen davon haben,
was denn die Metropolen ausmacht, um dann aus dem Mangel an
metropolitären Eigenschaften (hier fehlt übrigens ein dem
Provinzialismus entsprechender Begriff) dem Wesen von Provinz näher
rücken zu können. Lothar Romain hat diese strukturbedingten
Aufgaben und Probleme von Provinzen auf den Punkt gebracht: "Die
Region, die sich selbst und ihre eigenen Hervorbringungen nicht
beachtet und stets nur über den Zaun schielt, stempelt sich selbst
zur Provinz. Provinz ist da, wo man sie zuläßt."19
Peripherie
"Geht auf's Land und lacht die Städte aus!" schrieb Hermann Bahr20. Ohne sich gleich weit weg der Zentren anzusiedeln, haben viele Künstler am Rand der Zentren nach ruhigere Gestaltungsräumen und einem anderen gesellschaftlichen Rahmen gesucht. Hierbei geht es einerseits um nahezu naturgesetzlich verlaufende Verdrängungsszenarien der stark bewirtschafteten Stadträume. Nicht selten funktionieren hier die Künstler als eine Art Pionierpflanze, bevor sie den kulturell veredelten Stadtbereich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen müssen, um sich an einem neu definierten Rand anzusiedeln. Künstlerdörfer vormals randständigen Gebieten (oder gar ehemals vor den den Toren der Stadt gelegen) sind daher kunstsoziologisch inzwischen oft zu einem neuen Zentrum geworden. Dessen Schicksal als künftig überteuert und kulturell gestrig erscheint dann mitunter ebenfalls vorgezeichnet.
Quelle
Bismarck gesagt haben soll, im Falle eines Weltuntergangs werde er sich nach Mecklenburg zurückziehen; dort geschähe alles 50 Jahre später. Gustav Mahler soll das gleiche von Österreich gesagt haben, Heinrich Heine von Holland.
Regionale Alleinstellungsmerkmale
Im
Zuge einer kulturellen Identitätssuche schrieb in den späten 1990er
Jahren das Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt einen Wettbewerb aus
für das Wiederentdecken alter Produktionsrezepte für Wurstwaren;
ähnliche Überlegungen sind beispielsweise für das Mittelrheintal
angestellt worden. Eine „Straße der Romanik“ oder das
Weltkulturerbe am weinseligen Rhein ohne regionale Küche wäre auch
wohl ein allzu harter Bruch.
Im
Bereich der bildenden Kunst gibt es andere Modelle, das
Selbstbewusstsein von Provinzen zu organisieren. Johannes Cladders
beispielsweise gab als Museumsdirektor dem Rat seiner Stadt
Mönchengladbach, nach den Vorüberlegungen für das Museum Abteiberg
befragt, eine rheinische Antwort: "Die Mona Lisa können wir
nicht mehr kriegen, die hängt schon woanders. Da müssen wir einmal
sehen, was wir kriegen können."
In
der Konkurrenz zur immer stärker bewirtschafteten Aufmerksamkeit
gegenüber Kunstereignissen bilden einzelne Städte Besonderheiten
aus, die es nur an diesem Ort bestmöglich zu sehen gibt. Solche
Profile legen immer auch ein Ausweichverhalten gegenüber dem breiten
Angebot einer Metropole nahe und können dabei sehr erfolgreich
verlaufen. Spezialisierte Kunstsammlungen widmen sich beispielsweise
auch aus Gründen der regional ansässigen Industrie dem Papier in
Düren oder Bergisch Gladbach, dem Porzellan in Selb/Weiden, der
Kleinplastik in Fellbach oder Neu-Ulm; dem Holzdruck in HAP
Grieshabers Heimatort Reutlingen, der Medienkunst in Oldenburg, der
konkreten Kunst in Otterndorf oder Hünfeld oder keramischen Künsten
in Frechen oder Halle (Saale). Solche "Hochburgen", in
denen Einzeldisziplinen gepflegt werden, haben mit ihrer
spezialisierten Dichte besondere Vermittlungsbedingungen, die – mit
allen Vor- und Nachteilen - auf langfristige Kontinuitäten hin
angelegt sind.
Stapelrecht
Eine
besondere Einnahmequelle bot Städten das Stapelrecht. Als
Knotenpunkte für den Warenverkehr konnte ein Umschlagplatz wie
beispielsweise Köln durchreisende Händler zwingen, die mitgeführten
Waren mehrere Tage dort zum Verkauf auszulegen. Griff dort jemand zu,
war es gewiss zum Nutzen aller: die Stadt kassierte Steuer, der
Käufer hat aus dem großen Angebot gewiss auch nicht ohne Vorteil
zugegriffen und der Händler hatte eventuell ein besseres Renommee
dadurch, dass er an einem solch harten Wirtschaftsplatz Geschäfte
machen konnte: If I can make it there I make it everywhere. Erfolg in
Zentren ist allemal vorzeigbarer als in den Provinzen.
Ganz
offensichtlich gibt es auch heute ein geschäftliches wie ein
kulturelles Stapelrecht – oder zumindest eine ausgeprägte
Sogwirkung. Künstler senden Unterlagen dorthin, siedeln sich mit
ihren neuen Ideen an. Auch ohne genauere Angaben ist ein Standort
oder gar eine Filiale in Berlin, London oder New York wertvoll,
schließlich konzentrieren sich Galerien und andere vermittelnde
Einheiten hier. Freilich ist auch die Konkurrenz hart: die Metropole
dient auch als Prüfstein. Und so vertreiben Zentren Künstler und
Vermittler auch wieder, durch äußere Lebensbedingungen: schnelleres
Tempo, höhere Preise, härterer Wettbewerb, weit fortgeschrittene
Spezialisierung.
Transfer von Wissen und Haltungen: Kunstunterricht; Kunstkritik
Wer
sich darum Sorgen macht, dass zeitgenössische Kunst auch im
hintersten Winkel eines Landes wahrgenommen werden kann, kommt um die
eingehende Betrachtung des Kunstunterrichts kaum herum. Wie nirgendwo
sonst werden gerade hier die Grundlagen gelegt für Nähe oder Ferne
zur Kunst, für eine eher konservative oder eher experimentelle
Haltung. Die Ausnutzung der Bildungs-Chancen steht und fällt dabei
mit den Lehrenden. Sie setzen den Grad an gedanklicher
Abgeschiedenheit gegenüber der Gegenwart fest – egal, wo im Lande
dieser Unterricht gerade stattfindet. Ihr Engagement macht dann für
die Schüler den Weg zum mit Freude genommenen Parcours oder auch
lang und unpassierbar. Erstaunlicherweise entsteht so eine ganz
andere Karte der Zentren: eine Kunstschule wie die in Meersburg am
Bodensee oder Gymnasien irgendwo können die Orte sein, von denen die
Besonderes versprechenden Schüler in die Akademien aufbrechen.
Natürlich
arbeitet in Zeiten sterbender Zeitungen und entvölkerter ländlicher
Schulen auch die Kunstkritik nach den Regeln der Ökonomisierung und
Spezialisierung. Während gerade in den Zentren diese Mechaniken
folgenreich greifen, ist die Zeitung abseits davon ein stärker ernst
genommenes Medium. Hier ist - mangels Termin- und Reizüberflutung –
mitunter auch mehr Zeit zur Auseinandersetzung mit neuen
Ausstellungen, hier kommt es eher vor, dass Pressekonferenzen länger
als das übliche Zeitmaß andauern. Allerdings kann hier ein Streit
in der Stadtpolitik von existenzieller Bedeutung werden und die
engere Bekanntheit der Künstler untereinander bringt die üblichen
Vor- und Nachteile in den dann dichteren Auseinandersetzungen.
Allerdings hält sich – mitunter nicht zu Unrecht - auch die
Einschätzung der Kunstkritik in der Provinz als rückständig.21
Urbi et Orbi
Die Stadt und ihr Horizont als Modell für eine Weltsicht: nicht nur im päpstlichen Segen „für die Stadt und den Erdkreis“ spielt ein solcher Ansatz im Hintergrund mit. Auch in der Entwicklung des deutschen (oder auch italienischen Staatswesens) ist die Idee der Reichsunmittelbarkeit von Städten und ihre Vorreiterrolle für den Aufbau eines Staats ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die Rolle der Städte als treibende Kräfte in der (letztlich eher aus der Provinz stammenden) Reformation oder der (eher römischen) Gegenreformation wäre eine weitere Betrachtung wert. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass wesentliche Romane, welche die geschichtliche Bewältigung des Dritten Reichs betrieben, dies bei durchaus allgemeingültigem Anspruch auf der Folie einzelner Städte vollzogen: Heinrich Böll in Köln, Günther Grass anhand von Danzig, Walter Kempowski anhand von Rostock. Einzig Thomas Manns (auch etwas früher geschriebener) Roman Doktor Faustus siedelt sich in einem komplizierten, eher provinziellen fiktiven Herkunftsort namens Kaisersaschern an, der sich als vornehmlich negativ prägende, behütende, aber zu enge Folie erweist und tragische Auswirkungen zeitigt, die letztlich deutliche Vergleiche zu Entstehung und Folgen des Dritten Reichs zulässt.
Vermittlung: Kunstvereine
Als
bürgerliche Unterfangen gegründet, haben die Kunstvereine einen
wesentlichen Anteil an der Offenheit gegenüber zeitgenössischer
Kunst. In aller Regel ehrenamtlich betrieben, haben sie sehr
unterschiedliche Profile und Auffassungen. Inhaltlich lässt sich das
kaum generalisieren; ein gemeinsamer Bezugspunkt ist jedoch das
ausgesprochene Engagement. Als Bild für die Vermittlung von Kultur
sind sie von besonderem Belang: Sie haben mit der Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Kunstvereine AdKV ein eigenes Netz geknüpft, das
dichtmaschig eine dezentrale Struktur aufrecht erhält, während ihre
professionell organisierten Pendants in Handel und Museum sehr viel
deutlicher an Zentren orientiert sind22.
Das Ausstellungs- und Publikationprojekt „Kunstlandschaft BRD“23
verhalf der Arbeitsgemeinschaft der Kunstvereine zu einem deutlich
gewachsenen öffentlichen Einfluss. Für die Idee der regional
typischen Kunstlandschaften erwies sich die Differenzierung als eher
unbrauchbar: in der damals bereits hoch mobilen Gesellschaft waren
regionale Schulen, wie sie jüngst erst wieder für Leipzig
reklamiert wurden, kaum inhaltlich belastbare Eingrenzungskriterien.
Dieses
Netz und das privat fundierte Engagement der Kunstvereine stand unter
anderem Pate bei Jacques Langs heroischem Versuch Mitte der 1980er
Jahre, als Kulturminister im traditionell und heute durchaus wieder
verstärkt zentralistischen Frankreich Kultur auch außerhalb von
Paris zu fördern.
Werkleitz
Wie kommt ein winziges Dorf in der Nähe der Saalemündung in dieses Alphabet? Durch eigenartige Ereignisse und gezielte Suche hatten sich hier – in etwa in der Mitte zwischen Hannover/Braunschweig und Berlin anfangs der 1990er Jahre Medienkünstler angesiedelt, die durch interessante Projekte, viel Initiative, gute Vernetzung und ein geschicktes Antragswesen hier einen angesagten Ort für Medienkunst entstehen ließen. Er füllte nicht nur in Sachsen-Anhalt ein Vakuum, sondern entwickelte durchaus eine internationale Ausstrahlung. Mit der der ersten Werkleitz-Biennale 1996 wurde der Grundstein gelegt zu einer Folge von Ereignissen, die nicht zuletzt immer wieder die spezifischen ländlichen Strukturen vor Ort zum Gegenstand künstlerischer Arbeit machten. So entstand eine Chronik der Orte Tornitz und Werkleitz24; oder ein Museum jener genialen Landmaschinen, die Bewohner in Eigenbau konstruiert hatten25, um die spezifischen Engpässe während der DDR-Zeit zu kompensieren. Einige der Werkleitz-Künstler lebten vor Ort, waren mitunter auch Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Die Besucher der Biennalen waren nicht selten darauf angewiesen, mangels guter Erreichbarkeit des abgelegenen Orts dort zu übernachten und sich auf die intensivere Kommunikation vor Ort einzulassen. Der Umzug der Werkleitz-Gesellschaft nach Halle (Saale) behielt den Namen auch am neuen Standort bei. Die Verlagerung brachte eine sehr viel bessere Einbindung in die kulturelle Struktur des Landes mit sich, beraubte das Projekt jedoch seines international bekannten Alleinstellungsmerkmals.
XY ungelöst, Tatort und das Format des Heimatkrimis
Wenn es wirklich wahr ist, dass ein Planungspapier aus dem hohen Norden seinerzeit die Ansiedlung eines Tatort-Krimis in der Landeshauptstadt Kiel als medienpolitische Forderung auflistete, dann bedeutet das auch im Zusammenhang mit der hier verfolgten Frage einiges. Zunächst einmal gab es das anscheinend vorher nicht, Krimis spielten eigenartig oft in München, Hamburg, und dann außerdem in allen anderen größeren Städten. In der schleswig-holsteinischen Metropole vermutete niemand das Verbrechen. Erst später waren in der Provinz angesiedelte Sendeformate erfolgreich, und das häufig oft mit leicht parodistischem Einschlag. Möglicherweise war hier auch die Renaissance der Regionalkrimis eine Entwicklungshilfe, die gerade in verwunschenen Gegenden wie der südschwedischen Idylle um Nystad oder der Eifel besonders verzwickte Fälle anzusiedeln wussten. Vielleicht ist es aber auch so, dass in den Städten eine gewisse Kriminalitätsrate ein identitätsförderndes Element ist und auf dem Land eben nicht. Bei aller Ernsthaftigkeit des fahndenden Anliegens: hat auch ein Sendeformat wie „XY ungelöst“ folkloristische Züge? Zumindest ist es wichtig, bei der Schalte in die externen Zentren einen regionalen Zungenschlag zu hören, und bei den nachgestellten Fällen gehört es zur Authentizität.
Züge
Der
Wegfall der Züge mit der Bezeichnung Interregio (1988-2006) wurde
von der Deutschen Bahn AG mit der Überalterung des rollenden
Materials begründet. Zusätzliche Gründe waren das
Regionalisierungsgesetz für den Öffentlichen Schienenverkehr von
1993 als einer der Grundpfeiler in der Privatisierung des ehemaligen
Staatskonzerns. Die seit 1968 bestehende Bezeichnung Intercity
existiert dagegen weiter, seit längerem bereichert um die ICE als
höchstwertige Züge. Ohne die bahnpolitischen Gründe im Einzelnen
zu diskutieren, ist so die Aufgabe des Interregio, Städte, Umland
und Regionen miteinander zu verbinden, als überregional verfolgtes
Ziel abgewertet worden zugunsten der reinen Städteverbindungen;
Direktverbindungen an erklärten Zentren vorbei scheinen nachrangig
zu werden. Durch die gleichzeitig ausgebauten
Hochgeschwindigkeitstrassen des ICE sind zudem vor allem die Zentren
schneller und einfacher miteinander verbunden. Für die Regionen
bedeutet das nicht unbedingt eine Verschlechterung der Fahrtzeiten.
Aber eine Fahrt von Frankfurt (Oder) nach Kassel geht eben kaum noch
über die direkte Verbindung, sondern am schnellsten den weiten Umweg
über über Berlin und Hannover; für die Strecke zwischen Nürnberg
und Ulm kann die schnellste Verbindung über München gehen. Für das
Erleben der Regionen und ihrer Relationen zueinander und zu den
Zentren ist das eine Veränderung, über deren Auswirkungen
nachzudenken bleibt.
1 Reinhard Papst (Hrsg.): Theodor W. Adorno: Kindheit in Amorbach. Bilder und Erinnerungen. Frankfurt-Leipzig (Insel Verlag) 2003.
2Wolfgang Hartmann / Werner Pokorny: Das Bildhauersymposion. Entstehung und Entwicklung einer neuen Form kollektiver und künstlerischer Arbeit. Stuttgart 1988, S. 8.
3Johann Wolfgang Goethe: Dichtung und Wahrheit, 6. Buch. JWG, Werke in zwölf Bänden, 8. Band, Berlin und Weimar 1981, S. 264.
4Ebd., S. 264: „Was ein junger lebhafter Mensch unter diesen Hofmeistern ausgestanden habe, wird derjenige leicht ermessen, der bedenkt, daß nun mit der Aussprache, in deren Veränderung man sich endlich wohl ergäbe, zugleich Denkweise, Einbildungskraft, Gefühl, vaterländischer Charakter sollten aufgeopfert werden.“
5Johannes Stahl: Von den Werkstätten zu Künstlermuseen. In: Orientierungsraum Landschaft. Kunst ohne Metropole. Symposion des Kunstvereins Röderhof am 2./2.6.2007; Röderhof 2007, S. 10-19.
6 Seit der Ausstellung „Umwelt-Akzente" 1970 in Monschau hat sich eine regelrechte Typologie solcher entlegenen Ausstellungen ergeben.
7Gottfried Keller: Die Kunstlandschaften Italiens. 1965, S.21.
8Ebd., S.32
9Ebd., S.41
10Walter Grasskamp: Die unvollendete Moderne. München 1991. Hier wird bereits deutlich, wie die Laufwege des Austellungswesens sich an Absatz- und Transportmöglichkeiten eher orientierten als an regionalen Zuordnungsgedanken.
11Lothar Romain: Zur Geschichte des deutschen Kunstvereins. Provinz ist da, wo man sie zuläßt. In: Kunstlandschaft Bundesrepublik Deutschland. Geschichte Regionen Materialien. Ausst. Kat. Stuttgart 1984, S. 34/35. "Gewiß gibt es Gemeinsamkeiten in der Grundstruktur und tendenziell in der Aufgabenstellung, und doch muß auch unterschieden werden zwischen dem, was in den Großstädten angesichts der Angebotskonkurrenz verlangt wird und den Möglichkeiten und Aufgaben von mittel- bis kleinstädtischen Vereinen. Schon qua Zugang und Information ist der großstädtische Verein unmittelbar eingeschaltet in den kreativen Prozeß, während die kleineren Vereine ein wichtiges Bemühen darin sehen müssen, an dem in Gang gesetzten Kunstkreislauf partizipieren zu können. Sie leben nicht von der Kopie, wohl aber zu einem gewichtigen Programmteil von Übernahmen. Das schließt nicht gewichtige eigene Aktivitäten und Innovationen aus, die sich über die Mitwirkung an großangelegten Ausstellungsprojekten realisieren oder wie schon erwähnt, über Symposien selbst den Ereignisort bereiten. Mehr aber als die Großstadt muß die Region sich um klassische Vermittlungsaufgaben bemühen, muß mit der Information um Verständnis werben und oft genug gegen tiefwurzelnde Vorurteile ankämpfen - das alles bei wesentlich kleineren Mitgliederzahlen und geringerem Budget."
12Heinrich Wölfflin: Einleitung zu Stendhal (Henri Beyle-De): Geschichte der Malerei in Italien. In: Gesammelte Werke 10. Band., Berlin (Propyläen-Verlag) 1924.
13Ruth
Falazik: Entstehung und Entwicklung des Projektes >Kunst-Landschaft<
in Neuenkirchen. In: Wolfgang Hartmann / Werner Pokorny: Das
Bildhauersymposion. Entstehung und Entwicklung einer neuen Form
kollektiver und künstlerischer Arbeit. Stuttgart 1988, S 62ff.
Bettina von Dziembowski / Kunstverein & Stiftung
Springhornhof (Hg.), Projekt KUNST-LANDSCHAFT 1967 – 2000.
Nürnberg (Verlag für Moderne Kunst) 2002.
14 Duden. Das Fremdwörterbuch. Mannheim 1982, S.632.
15 Etymologisches Lexikon des Deutschen. hrsg. v. Wolfgang Pfeiffer. Berlin 1989, Bd. 2, S.1332.
16Etymologisches Lexikon des Deutschen. hrsg. v. Wolfgang Pfeiffer. Berlin 1989, Bd. 2, S. 1099.
17Duden. Rechtschreibung der Deutschen Sprache. Mannheim 1991, S.572.
18Etymologisches Lexikon des Deutschen. hrsg. v. Wolfgang Pfeiffer. Berlin 1989, Bd. 2, S.1332.
19Lothar Romain: Zur Geschichte des deutschen Kunstvereins. Provinz ist da, wo man sie zuläßt. In: Kunstlandschaft Bundesrepublik Deutschland. Geschichte Regionen Materialien. Ausst. Kat. Stuttgart 1984, S. 35.
20Hermann Bahr: Münchens Niedergang als Kunststadt. München 1902, o.S.
21Müller, Hans-Jürgen: Kritik der Provinzkritik. Kunstforum 36, 1979, S. 219ff liefert eine paradigmatisch gegenüberstellende Presseschau – aus der Perspektive des betroffenen Ausstellungsmachers.
22Leonie Baumann: Kunstvereine ohne Metropole. In: Orientierungsraum Landschaft. Kunst ohne Metropole. Symposion des Kunstvereins Röderhof am 2./2.6.2007; Röderhof 2007, S. 21-24.
23Kunstlandschaft Bundesrepublik Deutschland. Geschichte Regionen Materialien. Ausst. Kat. Stuttgart (Württ. Kunstverein und AdKV)1984.
24Florian Haas & Martin Schmidl: Tornitz und Werkleitz. Darmstadt 1998. Zahlreiche realitätsnahe Interviews mit Dorfbewohnern.
25Nana Petzet, in: Real Work. Ausst. Kat. Werkleitz-Biennale 2000.