Lawrence Weiner

"1. Der Künstler kann das Werk herstellen.
2. Das Werk kann angefertigt werden.
3. Das Werk braucht nicht angefertigt zu werden."

Nahezu ein Markenzeichen sind diese seit 1969 wiederholt von Lawrence Weiner veröffentlichten Sätze für ihn geworden, und noch immer wirken sie für einen Großteil der Betrachter von Kunst wie eine Provokation. Dabei markiert der Verzicht sowohl auf die künstlerische Handschrift als auch mitunter auf die Materialisierung des Werks nur einen Teil der künstlerischen Konzeption, mit der Weiner seit vielen Jahren arbeitet. Wichtiger ist ihm die grundsätzliche Verwendung von Sprache; und dabei wiederum eine Sprache, welche künstlerische Inhalt nicht in lyrischer Chiffrierung einkleidet, sondern in recht geradliniger Weise zur Aussage kommt. "SOME THINGS BROUGHT TO HAND" ist eine recht typische Arbeit von Lawrence Weiner. In klarem Schriftsatz und einfacher sprachlicher Aussage kommt der Titel zur Sache. Dinge, die er "in die Hand" gebracht hat, zeigt das Plakat: Wie ein Musterkatalog bringt diese Ausstellungsankündigung gleichzeitig eine vollständige Übersicht über die Ausstellung mit. Abgebildet sind die Exponate in neutraler Weise und jeweils schwarz gerahmt. Fast kann man annehmen, dass das Plakat noch einen besseren Einblick in Weiners Multiples gibt als die Ausstellung selbst das vermag; schließlich sind neben dem Exponat jeweils noch Titel, Technik, Auflage und weitere Informationen angegeben.

Letztlich ist dieses Plakat selbst eine Ausstellung: Weiner hat seine Idee der Entmaterialisierung eines Kunstwerks hier ebenso konsequent weiter gedacht wie die oft recht kontroverse Auseinandersetzung mit der Kunstvermittlung und ihrem Öffentlichkeitsbegriff. Nicht grundlos hat er wiederholt die engen Grenzen der Ausstellungsorte und ihrer Regeln verlassen. In diesen Zusammenhang gehören auch viele der hier abgebildeten kleinen Editionen, die Weiner für wenig Geld und in oft hoher Auflage unter die Leute gebracht hat. Kunst sucht sich ihre eigene Wirkungsfläche, auf Streichholzbriefchen, Emailschildern oder Bierfilzen. Und dass für die Produktion dieser Gegenstände lediglich die künstlerische Idee nötig ist und dann der spezialisierte Fertigungsbetrieb, liegt ebenso auf der Hand wie die Tatsache, dass der Betrachter und Benutzer dieser "THINGS" nicht nur mit den Objekten, sondern auch mit den darauf befindlichen Sätzen noch einiges zu tun haben wird. "IDLE HANDS THE DEVILS PLAYTHINGS MAKE" liest man weiterhin als Abschluss einer diagonal das Layout teilenden Reihe von Exponaten. Weiner variiert die gebräuchliche Redensart, dass "müßige Hände ein Spielzeug des Teufels sind" - und öffnet sie in unbekannte Richtungen. Ob die Spielzeuge des Teufels "müßige Hände machen" oder ob es genau umgekehrt ist? Ein solch detaillierter Rechenschaftsbericht über die eigene editorische Arbeit erscheint andererseits nicht gerade müßig. Im Gegenteil, er zeugt von der materiellen Vielfalt der Formen und damit letztlich vom konzeptuellem Anspruch und künstlerischem Fleiß.

Johannes Stahl 1/2003


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