Horst Rave


"Erkennen, daß Farben und Formen eigenständige Gegebenheiten sind und ihre Beziehungen Modelle.
Malen, auf Grund des gemeinen Chaos die besondere Regel"

(Horst Rave 1986)

Ein bestimmtes einfaches System haben alle Arbeiten von Horst Rave, ob Zeichnung, Grafik, Relief oder Malerei. Und selten gibt es das absolute Einzelstück: vielmehr geht er in Serien vor, erforscht die Verhältnisse von Linie, Farbe, Fläche und Raum. Systematisch nacheinander sind so verschiedene Werkgruppen entstanden: 1968/69 die "Fallbilder", die Farbtöne in Abhängigkeit zur Form verändern, 1982 die "Transparentbilder", die mit Drehungen und Überlagerungen rechtwinkliger Farbflächen operieren, 1986 die "Raumbilder", wo sich aus Figur-Grund-Verschiebungen neue Formen entwickeln.

Rave bevorzugt die elementare Form, meist die des Rechtecks oder Quadrats. Schon im einfachen Spiel mit diesen Grundgegebenheiten der Form entsteht jedoch eine hohe Komplexität: wo ein Quadrat verschoben und gedreht wird, ist die Bewegung als weiteres Element im Spiel, der räumliche Verlauf. Wenn Rave die verwendeten Farben von Form zu Form allmählich abtönt, tritt die Intensität der Farbe als weiterer Faktor dazu: die ehemals einfachen Dinge entwickeln ein verwickeltes Wechselgefüge.

In den "Transparentbildern" ist ein ähnliches Prinzip angewendet, jedoch überlagern sich die Farben. Wo die "Fallenbilder" oder "Raumbilder" durch die Drehung von Rechtecken oder rechteckigen Körpern eine letztendlich räumliche Wirkung bekommen, bringen die Transparenzbilder eben das Durchsichtige von Farbe zur Sprache - und damit Licht als grundlegenden Faktor.

Seit 1992 arbeitet Horst Rave mit dem Computer und geht in Plotterzeichnungen und Reliefs den Eigengesetzlichkeiten dieser Systematik nach. Der Rechner ist dabei für den jahrelangen Praktiker der Farbe, der Form und ihrer Systeme eine willkommene Hilfe, die Reihen rascher umzusetzen als in Handarbeit - mehr nicht. Er entlastet Rave und stellt ihn für die Hauptaufgabe frei, der sich der Maler widmet: das Bestimmen derjenigen Punkt im Formverlauf, die entscheidend sind und gezeigt werden können.

Kurven, die aus Algorithmen entstehen, verfestigen sich zu Gebilden, denen man ihre Herkunft aus der Geometrie zwar anmerkt, die aber wie eine freie Form präsentiert sind. Mit einer Zeichenmaschine gekoppelt, zieht das Programm Tusche auf dem Papier aus und entwickelt ein eigentümliches Spiel zwischen Vorherbestimmung und so etwas wie Handschrift. Maschinell aus Kunststoff ausgeschnitten und anschließend sichtbar von Hand einfarbig bemalt, stehen Reliefs mit geringem Abstand vor der Wand. Und dabei gibt ihre andersfarbige Rückseite dieser einen farbigen Schatten und bringt in wieder anderer Weise Form, Farbe, Licht und Raum in ein schlüssiges Spiel.

Johannes Stahl 1/2001

zurück zum
Inhaltsverzeichnis