Silke Leverkühne

Ihre bislang einzige Reihe Druckgrafik sei es, sagt Silke Leverkühne über den Zyklus, aus dem die Artothek im Bonner Kunstverein drei Blätter besitzt. Und dabei habe ihr das Arbeiten in der ungewohnten Technik ausgesprochen gefallen, auch das Zusammenwirken mit der Hamburger Griffelkunst-Vereinigung, die diese Blätter verlegt hat und die Koordination mit der in Berlin ansässigen Druckerei. Allerdings ist es immer wieder ein Problem, im grafischen Medium der Farblithographie eigenständige Farben zu treffen, die dabei dennoch einen engen Bezug zur sonst von Leverkühne ausgeübten Malerei behalten. Hier waren einige Korrekturen nötig, erläutert die Künstlerin - und schildert damit einen gar nicht eben seltenen Abstimmungsvorgang zwischen auftraggebendem Gestalter und dessen Vorgaben umsetzenden Drucker.

In erster Linie ist Silke Leverkühne Malerin. Ihre großformatigen, leicht und dennoch sehr sorgfältig gemalten Leinwandbilder bilden Landschaften aus, die ebenso ihrer eigenen Erfahrung entstammen als auch ihrer Phantasie. Dabei erweitert sie zusehends das, was man gemeinhin unter einem Landschaftsbild erwartet. Die topografische Abbildung interessiert sie kaum. Ein gesteigertes und immer wieder einer neuen Überprüfung unterzogenes Interesse gilt hingegen der Räumlichkeit, der Tiefenentwicklung, der Wirkung von Licht, den in flächigen Linien verlaufenden Strukturelementen der Landschaften: Felder, Bäume, auch Architektur, Wasserflächen, Horizonte, Himmel.

Wer nun in den diese Aufzählung hervorrufenden Bildern ausgesprochen romantische Züge erwartet, kann mitunter enttäuscht werden. Zwar läßt sich von einer im Titel bestimmten Landschaft in der Toskana, in Südamerika oder anderswo gewiß mancher Wesenszug oder auch sogar Motivisches wiederfinden. In erster Linie treten jedoch Linien und Flächen zutage, malerische Gesten und Überlegungen dazu, kurz: das sorgsam benutzte und damit immer gleichzeitig auch reflektierte "Handwerkszeug" der Landschaftsmalerin.

Als Malerin, die bevorzugt Eitempera verwendet, ist für Silke Leverkühne nicht nur der Farbton von zentraler Bedeutung, sondern auch andere Elemente, die mit einer nicht rein instrumentalen Verwendung von Farbe zu tun haben. Die matte Oberflächenwirkung der Bilder, die verhaltene Leuchtkraft der einzelnen Farbflächen, das auch mit diesen Mitteln der Farbbeschaffenheit durchgespielte Verhältnis von Lichtern und Schatten, schließlich das Vorhandensein überhaupt von Schatten und Licht. Es sind Fragestellungen der Komposition und und damit der malerischen Wahrnehmung, denen Silke Leverkühne mit deutlich lesbaren Gesten nachgeht, welche die Farbe als ihr wichtigstes Mittel handhaben.

Konsequenterweise verfolgt sie dieses Anliegen auch in ihren Druckgrafiken. Hier allerdings sind die Vorgaben anders: die Farblithografie läßt nicht leichthin zu, Farben zu mischen und Zwischentöne zu setzen, sondern zwingt zum kombinatorischen Spiel mit wenigen Akzenten. Gleichzeitig erlaubt sie jedoch klare, im ihrer Strahlkraft leicht gebrochene Farbflächen. Deren Binnenstruktur, vor allem aber deren Randzonen entwickeln ein differenziertes Gefüge aus Farbe, das letztlich zur Landschaft zusammenfindet.

Johannes Stahl, 8/96

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