Attila Kovács Kacheln lassen sich am einfachsten verlegen, wenn sie in quadratischer oder rechteckiger Form vorliegen. Auf das Ergebnis dieser fertigungstechnisch rechtwinklig optimierten Arbeit schaut man dann allerdings ein Leben lang. Ähnliches gilt für einen Großteil der menschlichen Umgebung. Die Grundlagen dieser Gestaltungen sind selten der Natur entnommen, sondern gehen auf den Menschen selbst zurück. Daher sind sie meistens funktionaler Natur und richten sich nicht an der Frage nach der optischen Wahrnehmung aus. Seit langem untersucht daher Attila Kovács diese Strukturen und ihre Grundlagen. Vor allem die einfachsten Formen, Quadrat und Kreis sowie ihre vielfältigen Verhältnisse beschäftigen den gebürtigen Ungarn. In langen, systematischen Reihen geht Kovács dieser gestalterischen Grundlagenforschung nach. Seine Leinwandbilder und Zeichnungen gehen an einem Startpunkt von quadratischen und kreisförmigen Modulen aus. Jeweils vergrößert und in regelmäßigen Abständen angesetzt schließt sich das gleiche Modul an diesen Ausgangspunkt an. So entsteht eine Interferenz aus vielen Quadraten und Kreisen, die den Verlauf von Kovács Untersuchung zum Bild werden lassen. Gleichzeitig schließt die Struktur am anderen Ende der Leinwand wieder nahtlos ab: jedes Bild ist ein in sich abgeschlossenes System und trägt doch den Hinweis auf andere Möglichkeiten mit sich. Das Prinzip der Addition ist Kovács wichtig, denn es bezeichnet nicht nur eine konstruktive Vorgehensweise, sondern markiert die philosophische Grundlage seines künstlerischen Ansatzes: "Meine Konzeption ist additiv, nicht geteilt, deshalb gibt es keinen Ausschnitt, keinen Teil, sondern immer eine Einheit, zu der eine zweite und dritte hinzu kommt. Geteilt werden kann immer nur das, was durch Addition einmal entstanden ist. Deswegen ist Addition immer ein primäres, die Teilung ein sekundäres Prinzip der Natur." Es liegt auf der Hand, wenn der Künstler angesichts solcher genauer mathematischer Vorgänge seine eigene Handschrift nahezu ausschließt. Trotzdem ist der malerische Akt für Kovács wichtig. Erst durch das Machen - nicht durch das bloße Konzept - erschließt er sich und dem Betrachter die tatsächliche, optisch präsente Form. Druckgrafische Umsetzungen seiner Bildkonzepte hat Kovács immer wieder gesucht. Wegen der technischen Präzision und der fast haptischen Qualitäten dieser Technik sind diese Arbeiten meistens Siebdrucke. Im Ablauf der strukturellen Entwicklung seiner Arbeiten entsteht für Kovács bewußt auch ein Abbild der Zeit, innerhalb derer er diese Form "fertigt" - und die beim Betrachter "re-konstruiert" wird. Was anfangs wie ein Koordinatensystem anmutet, erweist sich bei längerer Betrachtung als ein schlüssiges Beschreibungsmodell der Umstände menschlicher Produktion. So klar und deutlich konstruiert Kovács' Bilder sind; sie sind ganz gewiss keine Arbeiten für einen einzigen Augen-Blick. Johannes Stahl, 1/2003 |