Victor Bonato Präzision und Konzentration in materieller Hinsicht zeichnen seit langem die Arbeit Victor Bonatos ebenso aus wie seine lakonische, skeptische Ironie. Dass er beispielsweise Fernsehgeräte mit einer Bleihülle ummantelt und damit endgültig stillegt, ist ein typischer Vorgang in der Auseinandersetzung des Troisdorfers mit seiner Umgebung und der Wahrnehmung davon. Ein Schneckenhaus findet sich als Knauf eines Spazierstocks wieder, an einen Wandhaken gehängt: nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auf diese knappe Formel gebracht, ganz ähnlich wie in der Literatur ein Haiku, ist "Endspurt - doch Eile ist Irrtum" eine augenzwinkernde Arbeit auch über das eigene Alter. In seiner langen und anhaltenden Produktivität hat Bonato immer wieder bestimmte Materialien bevorzugt. Glas, Blei oder Spiegel prägen als wiederkehrende Elemente seine Arbeit. Solche Materialien lotet er in ihrer Wirkung aus, aber auch in ihrer in der Bedeutung, die ihnen aus der alltäglichen Verwendung anderswo anhaftet. Das führt Bonato dazu, Wahrnehmung als den grundlegenden künstlerischen Impuls besonders wach zu registrieren und natürlich auch die dazu verwendeten Hilfsmittel: Fotografie, Zeitungen, Fernsehgeräte, Fernrohre. Geschreddertes Geld hat Bonato über einen langen Zeitraum hin fasziniert. Immerhin birgt das Material eine Fülle von zermahlenen optischen Informationen. Noch eventuell lesbare Zahlen, Teile von Echtheitsstreifen, Farbgebung: alle diese viel beachteten Elemente geben Auskunft über die ehemalige Funktion und sind nachhaltig geeignet, Stosseufzer über die schönen vergangenen Werte hervorzurufen. Andererseits verfügt das präzise zerkleinerte Papier aber auch über eine neue, plastische Qualität, die an textile Strukturen erinnert und wie eine neue Ursuppe in die unterschiedlichsten Formen hinein findet. "Lohn der Arbeit" überhöht diese ehemalige Bedeutung in einem besonderen Zusammenhang. Auf eine Seite mit Börsennotationen der Frankfurter Allgemeine Zeitung gestreut, stösst das geschredderte Geld Gedanken über Wertsetzung schlechthin an. Dass diese künstlerische Arbeit sich mit dem Gegenwert zu real geleisteter Arbeit beschäftigt (der Mitarbeiter von börsennotierten Unternehmungen beispielsweise, der Broker, der Informanten und nicht zuletzt des Künstlers selbst), hat seine eigene Logik. Die klassische marxistische Analyse von Lohnarbeit und Lohn klingt hier ebenso an wie der durch den Film sprichwörtlich gewordene "Lohn der Angst". Und natürlich zieht dabei das Material und seine Verwendung die notierten Börsenkurse eindeutig mit in die Höhe. Johannes Stahl, 4/2003 |