Nan
Hoover
Langsame, allmähliche Veränderungen: mit der Zeit zieht sich eine hellere
Fläche zusammen und macht einer dunkleren Partie Platz, die aber selbst
wieder an anderer Stelle durch eine sehr helle Lichtfläche verdrängt
wird. Das Schauspiel, das sich vor den Augen abspielt, findet im geschlossenen
Raum eines Monitors statt, genauer gesagt auf dessen Mattscheibe. Nan
Hoovers Videobänder handeln vom Licht, von Wandlungen, von der Zeit,
von der Farbe und zentral von deren Wahrnehmung.
Bei alledem ergibt sich ein eigentümliches Verhältnis zwischen der sichtbaren
Abstraktion der bewegten Bilder und deren konkretem Hintergrund. Den
Videoarbeiten liegt nämlich immer ein sehr alltäglicher Anlaß zugrunde:
die Lichter, die ihr Spiel abends hinter einem dichten Vorhang entfalten,
die Wirkung von Helligkeit und Schatten beim Öffnen einer Tür, die Strukturen,
welche sich beim Eintreffen von Licht auf eine textile Oberfläche ergeben.
Ein nicht unwesentlicher Faktor in diesem Gefüge ist der Ton. Nan Hoover
beläßt ihn meist im originalen Zustand, achtet aber wie bei den Licht-
und Farbphänomenen genau darauf, daß er nicht narrativ wird, sondern
in seinem Zeitablauf und seiner Allgemeingültigkeit ein zum Bild gleichwertiger
Faktor bleibt. Mitunter führt das dazu, daß sie auf den Ton ganz verzichtet,
wenn er eine bestimmte Lesart zu stark forcieren würde. Alles bleibt
der Idee einer einheitlichen, intensiven Betrachtung verpflichtet, einer
Art Meditation des Alltags und seiner Vorgänge.
Bei alledem verzichtet das Werk von Nan Hoover keinesfalls auf Bezüge
zu anderer Kunst. Wenn sie selbst (in „Projections“) oder zumindest
ihre Hand (in „Color pieces“) sich durch das Bild bewegt, ist man versucht,
an den Kurzauftritt von Alfred Hitchcock während seiner eigenen Filme
zu denken, der neben seiner Episodenhaftigkeit eine Art Signatur darstellt.
„Returning to Fuji“ mit seiner allmählichen Veränderung eines berg-ähnlichen
Gebildes könnte gewiss als ein Anklang an das klassische Thema japanischer
Malerei gesehen werden, das in Hokusais „100 Ansichten des Bergs Fuji“
seine prägende Form gefunden hat. Bei allen diesen kunst- oder mediengeschichtlichen
Bezügen prägt Nan Hoover ihre Arbeiten jedoch mit ihrer individuellen,
ganz dem Medium Video verpflichteten Weise. Die ihr wichtigen Elemente
sind dabei einerseits die Möglichkeit, selbst jederzeit die Kontrolle
über das Bildresultat zu haben und zum anderen der Umstand, daß ein
Bild, das sich selbst aus Licht und Ton zusammensetzt, auch diese Aspekte
besonders thematisiert.
Mit dieser quasi ethischen Auffassung von einem sensiblen und kontrollierten
künstlerischen Ausdruck hat die langjährige Professorin an der Düsseldorfer
Akademie glücklicherweise Schule machen können. Und auch wo sie das
Medium wechselt, hat diese Haltung Gültigkeit. Die Zeichnungen und Skulpturen
der Amsterdamerin atmen die gleiche konzentrierte Gelassenheit und Faszination
an Licht, Material und den Einflußmöglichkeiten künstlerischen Tuns.
Johannes Stahl 7/2001
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