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Kurzvorstellung Marc Mer
Zusammenfassung eines Gesprächs vom 28.1.1997 zwischen Marc Mer und dem Seminar zur Vorbereitung der Ausstellung "mitteln"
Marc Mer läßt sich bei der Erstellung seiner Installationen einerseits von dem Raum inspirieren, in dem er sie aufbaut, andererseits spielt der Kontext aus dem heraus eine Arbeit entsteht, also die gesamte bisherige Beschäftigung mit dem Raum, mit dem Bild und mit der Zeit immer eine bedeutende Rolle und ist nicht wegzudenken. Das Material, das Marc Mer zur Realisierung seiner Vorstellung verwendet, wählt er nach ähnlichen Kriterien aus. Er richtet sich danach, was der Raum zuläßt und benutzt Dinge, womit er schon im Voraus Umgang gepflegt hat. In seinen Arbeiten lassen sich gewisse Vorlieben für rohe, grobe Materialien feststellen. Er greift häufig das Thema des Spiegels oder der Folie auf, allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt der Gegensätzlichkeit, sondern eher der Ergänzung.
Bei seinen Installationen setzt Marc Mer nicht auf laute Emotionalität, sondern eher auf die Zwischentöne, die er viel interessanter findet. Er nährt seine Arbeiten aus dem Philosophischen, dem Denkenden über Raum, über Bild, über Ort, über Körper und auch aus der Auseinandersetzung mit seinen "Lieblingsbüchern". So beschäftigt er sich z.B. schon seit langem mit den Traktaten Wittgensteins, die ihn immer wieder faszinieren.
Auch Bücher verwendet Marc Mer als direkte Vorläufer für seine Installationen. Sein "raum für canetti" ist ganz wesentlich von dessen Werk "Masse und Macht" beeinflußt. Mit einem, mit geordneten Torfstücken belegten Fußboden und einem darüber an der Wand angebrachten Mini-Reise-TV will Marc Mer etwas von dem vermitteln, was Canetti über die Verhältnisse und die Ausrichtung der Masse geschrieben hat. Er geht in dieser Arbeit aber auch auf das Thema der Brennbarkeit ein, im Sinne von dem Entflammen in Leidenschaft in Verfolgung eines gewissen Ziels, aber auch im Sinne von Hingebung, die nicht mehr in der Lage ist, zu denken, geschweige denn kritisch zu sein.
Marc Mer versucht seine Installationen so einzurichten, daß sie einen "Möglichkeitsraum" enthalten - Möglichkeitsraum bedeutet, daß das Wirkliche Möglichkeiten des Unwirklichen und das nicht Verwirklichte Möglichkeiten des Wirklichen enthält - und sie somit unterschiedliche Lesarten für den Betrachter zulassen. Andererseits möchte er aber, daß seine seine Grundintention im Rahmen dieser Deutungsmöglichkeiten nicht verloren geht und dem aufgeschlossenen Betrachter zugänglich wird.
Die theoretischen Äußerungen Marc Mers sind nicht von seinen bildnerischen zu trennen und seine Kunst wird verständlicher, je mehr man sich mit seinem gesamten Werk auseinandersetzt. Vor allem die kleineren Arbeiten weisen einen deutlichen Theorieimpetus auf.
Für die Ausstellung "mitteln" im Bonner Kunstverein plant Marc Mer die Gestaltung des Mittelraums in Form einer kommunikativen Mitte. Hierfür wählt er den Raum, in dem alle ausstellungsbegleitenden Veranstaltungen stattfinden werden. Er sieht vor, den Raum mit einer Art Schachbrettmuster auszustatten. In seiner dreidimensionalen Ausformung, die auch Sitzmöglichketen vorsieht, beschränkt sie sich nicht nur auf den Fußboden, sondern bespielt auch die Wände und bringt somit ein Moment der Bewegung in den Raum. Dieser Bewegungsmoment soll durch das Anbringen von Spiegelfolien verstärkt werden, die die umliegenden Räume spiegeln und die Werke der anderen Künstler einfangen und in der Mitte zu einer Kommunikation bringen, ohne jedoch in ihre Arbeiten einzugreifen. Ganz festlegen möchte sich der Künstler mit seinem Entwurf noch nicht, da seine Arbeiten sich immer erst im Laufe eines Prozesses entwickeln und zu diesem frühen Zeitpunkt noch vieles geändert, "ver-rückt" werden kann.
Kurzbiographie von Marc Mer
- 1961 in Innsbruck geboren
- Studium der Architektur
- Arbeit als freier Künstler, Architekt, Theoretiker, Ausstellungsmacher und
Ausstellungsgestalter
- Dozent an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität in Graz
- Dozent an der Fakultät für Architektur der rheinisch-westfälischen Technischen
Hochschule in Aachen
Einige Ausstellungen und Projekte von Marc Mer
1985 Aktion mit Mart Krist "off and to and off - Kunstraum" / Kassel
Ausstellung "the scrolls unrolls" / Einhod - Israel
Installation "basic and complex painting" / Salzburg
Art Cologne
1986 Aktion mit Mart Krist "red/blue black changing" / Berlin
Ausstellung "mail/femail" / Calgary/Alberta - Canada
Installation "basic woman painting" / Berlin
Installation "30+10 gelbe Bilder" / Innsbruck
Art Cologne
1987 Ausstellung "european sky" / Innsbruck
Art Cologne
Art Basel
1988 Ausstellung "visual poetry" / Sao Paulo - Brasilien
1989 Installation "raum für canetti" / Trondheim - Norwegen
1990 Ausstellung "welt, die welt als scheibe" / Köln
Ausstellung "relativer raum" / Museum Ferdinandeum
1991 Installation "bright period" / Innsbruck
Installation "raum-zeit-ent-/ladung, projektion der schiffe;
geschichte [dis-lokation] / Leverkusen
1992 Ausstellung "zeittische/time-tables" / Wien
1993 Projektraum "paralogo" / Wien
1994 Ausstellung "data-date" / Linz
1995 Raumgestaltung für Gordon Matta-Clark Filmretrospektive auf der 2. internationalen Biennale für Film und Architektur / Graz
Publikationen von Marc Mer
- ferne der welt. der multiplizierte blick. raum-zeit-installationen, Wien 1993.
- Translokation. Der ver-rückte Ort. Kunst zwischen Architektur. Wien 1994/95.
- (Kunst(Museum(Stadt))). Versuche und Versuchungen für eine dialogische Architektur zwischen Behälter und Verhältnis. Wien 1996.
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