Stichworte zum Rundgang an Kunsthochschulen

Öffentlich / Intern

Kunsthochschulen sind verhältnismäßig hermetische Gebilde. Was dort gedacht, gelehrt oder unterlassen wird, ist zwar dort Gegenstand übermäßig vieler Gespräche, wird aber in der Öffentlichkeit einer Stadt oder eines Landes als vergleichsweise nebensächlich wahrgenommen. Das liegt nicht nur daran, daß bildende Kunst ohnehin gesamtgesellschaftlich kein zentrales Thema ist, sondern auch daran, daß die Hochschulen die Öffentlichkeit nicht wollen können, weil ihre Strukturen zu stark auf sich selbst bezogen sind. Die Zeit des Akademieabgängers nach dem Diplom macht das diesem schmerzhaft klar: entweder er sucht einen neuen Schutzraum (Stipendium, Museum, Theorie) oder er ändert die künstlerische Strategie grundsätzlich in gesellschaftliche Bereiche (Lifestyle, Soziales ...). Oder er hört auf. Möglicherweise haben gerade die Modenschauen der Burg Giebichenstein stadtöffentlich so großen numerischen Erfolg, weil sie eine mögliche Brücke zwischen der internen Diskussion der Hochschule und einem gesellschaftlich üblichen Ereignis schlägt.

Ausstellungsereignis oder Prüfungschronik

Die Rundgänge richten sich derzeit weitgehend nach dem Messeprinzip: im Sinne einer Leistungsschau nutzen sie den zur Verfügung stehenden Raum. Selten genug haben sie ein Gesicht, das sorgfältige Konzeptionierung und Inszenierung verrät: der Auf- und Abbau muß schnell gehen, möglichst viele der Schüler wollen gesehen werden, die jüngsten Ergebnisse scheinen immer die besten zu sein. Mit dem konzeptuellen und planerischen Vorlauf und der daraus resultierenden Präsentationsqualität einer noch so kleinen Galerie kann diese Inszenierung der finanziell besser gestellten Hochschulen meist bei weitem nicht mithalten. Bei aller gebotenen Chronistenpflicht den Lehrenden und Lernenden gegenüber: am Publikum scheinen Rundgänge nicht interessiert. Auf der Ebene der Inszenierung wiederholt sich der im ersten Absatz geschilderte Konflikt.

Zur Diskrepanz zwischen der Eigengesetzlichkeit von autonomen Kunstwerken und dem inszenierenden Vermittlung

Nun würde es der präsentierenden Kunstgriffe gar nicht bedürfen, wenn die an den Hochschulen produzierten Kunstwerke einzeln ihre Wirkung entfalten könnten. Die Ermüdung des Publikums entsteht durch die schlechte Inszenierung und den nicht greifbaren Zusammenhang der einzelnen Arbeiten und ihre bedrückende Fülle. Folgerichtig müßte entweder die (angestrebte) Übersicht über die Produktpalette der Hochschule ebenso perfekt in Szene gesetzt werden wie es die jungen Künstler innerhalb ihrer Arbeiten sind oder – Besser noch – die Auswahl wird im Maßstab 1:20 verschärft.

Klasse Lüpertz oder Aufgabenidee 739

Ein wesentliches - und meistens leidiges Kapitel - der Akademieausstellungen ist, daß sie den "Geist des Ortes" widerspiegeln müssen. Während die Düsseldorfer Akademie ihre hoch auratischen Lehrer zelebriert und den Schützlingen den Namen des Lehrers als Atribut anheftet, stehen in handwerklicheren Ansätzen (Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein, Halle/Saale) eher die konkreten Aufgaben als Leitbild fest. Jedoch: Beides ist kein Dienst an den Künstlern, sondern in erster Linie an der Traditionspflege im Haus.

Johannes Stahl